1: FLORENTINER STUNDENBUCH,

geschrieben von dem Priester Matheus de Amidei aus Prato. Lateinische Handschrift auf feinem Pergament. Florenz, dat. 24. 4. 1464. Ca. 9,5 x 7 cm. Mit 3 Seiten mit breiten, figürlich belebten Bordüren mit Gold und Goldpollen, jeweils mit historisierter Initiale (ca. 3,5 x 4 cm [2] und 2,5 x 3 cm) auf Goldgrund, 7 weiteren Initialen auf Goldgrund, mit Rankenstäben oder – ausläufen, 2 großen Initialen mit Federwerk (2,5 x 2,5 und 2 x 2 cm) sowie vielen zweizeiligen Initialen in Rot und Blau, jeweils mit Federwerk. 190 Bl. (das 1. und 13. weiß, wohl spätere Ergänzungen; die letzten 3 Bl. ebenfalls weiß). Schriftspiegel: 5,5 x 3,8 cm. 16 (Kalender) und 14 Zeilen. Goldgepr. Ldr. des 18. Jhdts. mit 2 Silberschließen (Rücken mit kleinen Wurmlöchern, hinterer Deckel mit flächiger Wurmspur, etw. beschabt). (140)
Startpreis: 80.000,- €


Stilistisch ist unser kleines Stundenbuch durch die charakteristische Ornamentik der Florentiner Buchmalerei im Umkreis des Francesco di Antonio del Chierico zuzuweisen. Eine Besonderheit ist seine genaue Datierung. So findet sich die Jahreszahl 1464 in römischen Ziffern, von einem Lorbeerkranz umgeben, am Fuß der Bordüre zu Beginn des Marien-Offiziums. Obgleich dieser Eintrag auch nachträglich an diese Stelle gesetzt worden sein könnte, ergibt sich eine sichere Datierung in dieses Jahr durch das Kolophon des Schreibers am Ende dieses wichtigen Teil des Stundenbuches: "Explicit officiu(m) gloriose virginis marie, scriptum per presbiteru(m) matheum de amideis de prato sub an(n)o domini mcccclxiiii die vero xxiiii aprilis. Amen"; zusätzlich also mit der Tagesdatierung 24. April. Es folgt ein gereimter Spruch, mit dem der Schreiber um den Lohn im Himmel bittet: "Qui scripsit scribat, / semper cu(m) domino vivat. / Vivat in celis / semper cu(m) domino felix". Soweit wir wissen, ist Matheus de Amidei aus Prato sonst nicht faßbar.

Im Kalender weist das Fest des heiligen Ansanus auf Florenz. Auch entsprechen Aufbau und Inhalt anderen Stundenbüchern aus Florenz: Auf den Kalender folgen das Marien-Offizium, das Toten-Offizium, die Bußpsalmen mit der Litanei, die Horen des Heiligen Kreuzes (Officium passionis), ferner Fürbittgebete und Gebete für die Messe und den Tageslauf.

Den aufwendigsten Schmuck unseres Stundenbuches bilden die drei mit Bordürenrahmen ausgestatteten Seiten zu Beginn des Marien-Offiziums, zu Beginn des Toten-Offiziums und zu Beginn der Bußpsalmen. Die Rahmen aus vielgestaltigen Blatt – und Blütenranken sind mit Vögeln und Putten belebt und reich mit Goldpollen besetzt. Die Initiale zur Marien-Matutin zeigt die Madonna mit dem Kind in Halbfigur, vor einem blauen, von kleinen weißen Wölkchen durchzogenem Himmel. Die zweite historisierte Initiale, zu Beginn des Toten-Offiziums, öffnet den Blick in einen ummauerten Friedhof. Auf einem Wandnischengrab sieht man einen Totenschädel mit zwei Knochen, von einem schwarzen Tuch unterlegt, ebenso liegen einige Knochen auf den Bodengräbern. Die Initiale zu den Bußpsalmen zeigt David, den legendären Verfasser der Psalmen, als alten bärtigen Mann mit dem Psalterium vor seiner Brust. Schließlich gibt es noch ein figürliches Element in der Initiale am Beginn des Hymnus zu den Horen des Heiligen Kreuzes, ein goldenes Vortragekreuz. Größere Initialen mit farbigem Buchstabenkörper vor Goldgrund und feinem Fadenrankendekor im Binnenfeld markieren den Beginn der Stundengebete des Marien-Offiziums zur Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet. Durch größere Initialen mit Fleuronnée sind der Beginn der Laudes (vierzeilig) und des Advents-Offiziums (fünfzeilig) hervorgehoben. Viele kleinere, zweizeilige Initialen mit Federwerk finden sich etwa im Kalender und am Beginn einzelner Psalmverse. Die Schrift ist durchwegs in einer gleichmäßigen Buchminuskel ausgeführt, wobei die Beteiligung mehrerer Schreiber nicht auszuschließen ist.

Literatur: Eberhard König, Heribert Tenschert, Unterwegs zur Renaissance, Ramsen, Antiquariat Bibermühle, 2011 (Antiquariat Heribert Tenschert, Katalog 67), Nr. 19.

Zustand: Am Beginn und Ende jeweils 2 Bl. Papier eingebunden – Das erste (weiße) Blatt in etwas kräftigerem Pergament nachträglich vorgebunden; das 13. (weiße) Blatt angefalzt, vermutlich ebenso nachträglich, vielleicht anstatt eines verlorenen Blattes mit einer Miniatur zum Beginn des Marien-Offiziums. – Sonst komplettes Stundenbuch in sehr guter Erhaltung, wohl ein frühes Exemplar aus dem Florentiner Skriptorium unter der Leitung des Francesco di Antonio del Chierico, durch den Schreiber Matheus de Amidei aus Prato 1464 datiert.

Florentine Book of Hours, written by the priest Matheus de Amidei from Prato. Latin manuscript on fine vellum. Florence, dated 24. 4. 1464. 3 pages with wide, figurative and gilt bordures, each with historized initial on gilt ground, further 7 initials on gilt ground, with vines and tendrils, 2 large initials with pen-work and many 2-line-sized initials in red and blue, each with pen-work.

Stylistically, our small book of hours is characterised by the distinctive ornamentation of Florentine book illumination in the circle of Francesco di Antonio del Chierico. A special feature is its exact dating. The date 1464 is written in Roman numerals, surrounded by a laurel wreath, at the foot of the border at the beginning of the Office of the Virgin. Although this entry could also have been placed here later, a secure dating to this year can be deduced from the scribe’s colophon at the end of this important part of the Book of Hours: "Explicit officiu(m) gloriose virginis marie, scriptum per presbiteru(m) matheum de amideis de prato sub an(n)o domini mcccclxiiii die vero xxiiii aprilis. Amen." The most elaborate decoration of our Book of Hours is the three pages with bordure frames at the beginning of the Office of Mary, at the beginning of the Office of the Dead and at the beginning of the Penitential Psalms. The frames of various leaves and blossom tendrils are enlivened with birds and putti and richly decorated with gold pollen. The initial of the Mary Matins shows the Madonna and Child in half figure, in front of a blue sky interspersed with small white clouds. The second historiated initial, at the beginning of the Office of the Dead, opens the view into a walled cemetery. On a wall niche grave one sees a skull with two bones, underlaid with a black cloth. The initial of the Psalms of Repentance shows David, the legendary author of the Psalms, as an old, bearded man with the psaltery in front of his chest. Finally, there is a figurative element in the initial at the beginning of the Hymn to the Hours of the Holy Cross, a golden cross. The script is executed in a regular book minuscule, whereby the participation of several scribes cannot be ruled out. – Bound in 2 sheets of paper at the beginning and end. The first (white) leaf in somewhat stronger parchment subsequently prebound; the 13th (white) leaf folded, presumably also subsequently, perhaps in place of a lost leaf with a miniature at the beginning of the Office of the Virgin. – Otherwise complete Book of Hours in very good condition, probably an early copy from the Florentine scriptorium under the direction of Francesco di Antonio del Chierico, dated 1464 by the scribe Matheus de Amidei from Prato. – 18th century calf with 2 silver clasps (spine with worm holes, rear cover with worming, somewhat scuffed).